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Turley Areal

Die Turley Barracks sind mit knapp 13Ha Grundfläche das erste umgewandelte Militärgelände im Mannheimer Konversionsprozeß.

Einen guten Überblick über die frühere Geschichte des Turley Areals erhält man auf dieser Seite des Marchivums Mannheims.

Kasernenbau auf den Obstbaumwiesen vor der Stadt Mannheim von 1899–1901 als Kaiserliches Vorzeigeobjekt. Nach dem Ersten Weltkrieg Nutzung als Polizeikaserne, ziviles Wohngebäude, Zwangsarbeiterlager, dann während der Nazizeit wieder Soldatenkaserne für die Wehrmacht und nach der Befreiung schließlich von der amerikanischen Armee genutzt. Der heutige Name erinnert an Sergeant Turley, dem wohl ersten gefallenen schwarzen Unteroffizier der US- Streitkräfte. Bis 2007 waren hier US-amerikanische Streitkräfte stationiert. 

Unser Beitrag zur Entmilitarisierung des Geländes war neben der Umgestaltung zu zu Wohnraum die Widmung eines Durchgangs auf unserem Gelände an Andrew Sheperd, der erste desertierte GI, der in Deutschland politisches Asyl beantragte!

5 Jahre nach dem Abzug der Amerikaner sollten die Zäune um die 13Ha Kasernengelände zum ersten Mal für eine friedliche Nutzung fallen – in den letzten 110 Jahre war aber das Stadtgebiet komplett drumherum gewachsen.

Um Konflikten mit den umliegenden BewohnerInnen vorzubeugen und gleichzeitig die anstehende Entwicklung der Konversionsgelände (insgesamt 3,5% der Mannheimer Gemeindefläche) einzuleiten, bestimmte der – zum damaligen Zeitpunkt „schwarz“ dominierte Mannheimer Gemeinderat die neugegründete Entwicklungsgesellschaft MWSP (eine Tochter der Mannheimer GBG) zum Protagonisten, unmittelbar dem OB unterstellt.

Außerdem wurden von dieser Gemeinderatskonstellation weitere Verpflichtungen gleich mitgegeben, die sich später rächen sollten: die Verpflichtung zur „Schwarzen Null“ einerseits, andererseits sollten die Gelände im Wesentlichen nur bei der MWSP zwischengeparkt und dann an Investoren und dem Markt weitergegeben werden (damit war, wie wir heute wissen, der Startschuss für das Steigen der Immobilienpreise in Mannheim und eine bis heute im Wesentlichen Investorenfreundliche neoliberal geprägte Immobilienentwicklung gelegt. Statt das Mehr an Fläche für die Schaffung Bezahlbaren Wohnraums zu nutzen, wurde der Immobilienmarkt angefacht und die Mietpreise stiegen in diesem Zeitraum (2012-21) um mehr als 40%! )

Zunächst hatte die Stadt Mannheim eine breite Bürgerbeteiligung angestrebt und der Konversionsprozess wurde zunächst öffentlichkeitswirksam auf entsprechend breite Füße gestellt.

Angesichts des bereits damals knappen Bezahlbaren Wohnraums wurde Wohnen und sozialer Zusammenhalt insbesondere auf den Konversionsflächen als ein kommunalpolitisches Schlüsselthema für eine integrierte Stadt- und Quartiersentwicklung eingestuft. Insbesondere auf dem Pilotprojekt Turley fungierten die interessierten Gemeinschaftlichen Wohnprojekte auch als soziales Aushängeschild: “Gemeinschaftliches Wohnen hat im Zuge des bürgerschaftlichen moderierten Konversionsprozesses einen Boom erlebt und mittlerweile die Qualität, zu einer urbanen Marke in Mannheim zu werden”, so sieht es jedenfalls das Projektbuch Gemeinschaftliches Wohnen, herausgegeben vom Runden Tisch Gemeinschaftliches Wohnen Mannheim. (über die Zeit von September 2012 – Oktober 2013 gibt es das „Projektbuch_II zum Thema “Gemeinschaftliches Wohnen in Mannheim”)

Auch unsere Gruppe ist in diesen Prozess von Anfang an eingebunden und wir begründeten zusammen mit anderen Initiativen den selbstverwalteten Runden Tisch Gemeinschaftlicher Wohnprojekte. Hierbei positionierten wir uns gleich zu Beginn ausdrücklich als selbstverwaltetes MieterInnenprojekt und damit abgrenzend zu Baugemeinschaften, die es als Eigentümermodelle – von Architekten- und Projektplanern umgesetzt – in Mannheim bis dato ausschließlich als „Gemeinschaftliche Wohnprojekte“ gab. Wir wollten als neue Qualität, dass Gemeinwohlorientierte Wohnformen für Alle und alle Geldbeutel ermöglicht werden.

Unser Haus steht auf dem ehemaligen Parkplatz, der direkt an das Areal mit den denkmalgeschützten Gebäuden anschließt.

Süd-östlich grenzt unser Gelände später einmal an einen ca. 35m breiten und 200m langen Parkstreifen (blaue 1). Wir sehen hier Obstbäume, Urbanes Gärtnern und Grenzzaunlose Nutzung durch die AnwohnerInnen des Areals und der umliegenden Stadtteile.

In der AG GRÜN des Turley Beirats arbeiten wir zusammen mit den anderen Turley BewohnerInnen an dieser Gestaltung mit. Mal sehen was tatsächlich daraus wird. Mittlerweile hat sich bei uns bezüglich der Entwicklung des Turleygeländes eher Skepsis breit gemacht. Im Mai 2016 erscheint die 7. Ausgabe der Turley News der MWSP, die zeigen will, was wie wo entstanden ist oder entsteht. Unser Haus ist die dunkelgrüne Nr. 6, der Parkstreifen die blaue 1.

Heute, 2022, und über 5 Jahre nach unserem Einzug ist dieser Streifen, auch die Baufelder VI und V immer noch Baustelle. Und das wiederum hat seinen Grund in einem der größten Bauskandale in Mannheim. Der von der Stadt auserkorene, sorgsam ausgewählte „Ankerinvestor“ Tom Bock aus Frankfurt hat ein für 6Mio € von der Stadt erworbenes Grundstück nach 3 Jahren Leerstand und Preissteigerung für 36Mio weiterverkauft. Die Stadt Mannheim, allen voran die MWSP sah hierbei gar nicht gut aus.

Statt die Fehlentwicklung als solche zu benennen war es im Gegenteil leider so, dass die MWSP lange vor uns von diesem Verkauf gewusst haben muss. Keine gute Voraussetzung für eine bis dahin von uns vertrauensvolle und engagierte Mitarbeit im sogenannten Turleybeirat, ein Gremium von Investoren, dass wir angesichts des Skandals und auch des Verhaltens der MWSP verlassen haben. Der Konversionsprozess in Mannheim hatte damit seine Unschuld verloren. Das ist eine eigene Geschichte, wer mehr über den Bauskandal und die von uns mit organisierte Demonstration lesen will kann das hier. Bis heute gibt es innerstädtisch keine Aufarbeitung.

Auch der Umbau des ehemaligen Kasinos geht nur sehr schleppend voran. Geplant war von der MWSP, das „ehemalige Kasino als Herzstück von Turley zum offenen Gemeinschaftshaus zu entwickeln. Bürger- und Jugendtreff, Bibliothek, Café, Galerie, Veranstaltungsräume, Gästezimmer, Werkstatt – das sind nur einige Ideen, die man sich vorstellen kann. Eine aus dem Turley-Beirat entstandene Arbeitsgruppe entwickelt ein Nutzungskonzept für das Sandsteingebäude, das wie 13 weitere Bauten auf dem Gelände unter Denkmalschutz steht und im Bestand der MWSP bleiben soll. Dieses Nutzungskonzept soll dann von Winy Maas planerisch umgesetzt werden.“ (Auszug aus Turley News Juni 2013 Ausgabe 1).

Heute ist das Turleygelände vor allem hochpreisig bebaut. Die derzeit einzigen preiswerten Wohnungen sind die der drei Projekte des Mietshäuser Syndikats!

Selbstverständlich engagieren wir uns, desillusioniert und um einige Erfahrungen reicher – trotzdem umso stärker weiter für Bezahlbaren Wohnraum in Mannheim! Alles könnte anders sein!